Irish Promises: Ein Griesgram zum Küssen

Veröffentlichungstermin: 26. Juni 2025

Als E-Book* (auch über Kindle Unlimited ausleihbar) und Taschenbuch* bei Amazon und Tolino Media erhältlich.

Umfang:  307 / 300 Taschenbuchseiten

ISBN Amazon : 979-8-2844-9774-6

ISBN Tolino Media: 978-3-8194-1654-5

Hoffnungslose Romantikerin mit Wirbelwind trifft auf tierlieben Miesepeter.

Was macht man, nachdem man von seinem Verlobten vor dem Traualtar stehen gelassen wurde? Für Fiona ist die Antwort klar: Sie wagt einen Neuanfang und zieht mit ihrer Tochter Tara in eine idyllische Kleinstadt an der Westküste Irlands, um sich ihren Traum vom eigenen Brautmodengeschäft zu erfüllen.
Von den Einwohnern wird sie freundlich aufgenommen – außer von ihrem Nachbarn Cillian. Dieser ist verschlossen, launisch und nur zu seinen Alpakas nett. Doch als Tara die zurückhaltenden Tiere in ihr Herz schließt, kommen sich Fiona und Cillian langsam näher …

Sonnenschein trifft auf Gewitterwolke – ein romantischer Wohlfühlroman über gebrochene Versprechen und tragische Verluste, mit prickelnden Momenten und einer Happy-End-Garantie. Komm mit nach Irland und begleite Fiona und Cillian bei ihrer Reise zum Liebesglück.

Hinweis zur Reihe: Alle Romane sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Amazon*

Thalia

Hugendubel

Leseprobe

Kapitel 1

Fiona

»Du solltest ein Brautmodengeschäft eröffnen«, sagt Amy mit einem verträumten Blick auf mein Kleid.
»Das ist eine tolle Idee.« Kate hebt vielsagend einen Finger und schwankt leicht, nachdem sie sich schwerfällig vom Doppelbett hochgehievt hat, sodass die Tagesdecke mit dem floralen Muster verrutscht. Sie hat eindeutig ein Glas Prosecco zu viel getrunken. »Dann könntest du andere Bräute so strahlen lassen, wie du es gerade tust.«
Meine Wangen werden vor Verlegenheit warm. »Es gibt haufenweise wunderschöne Brautkleider.«
»Aber dieses hier ist wie für dich gemacht«, erwidert Amy und seufzt sehnsüchtig. »Es sitzt perfekt.«
Kate kichert und schlüpft in ihre cremefarbenen Pumps. »Na, weil sie es selbst genäht hat, du Dummerchen.«
Amy gibt ihr einen Klaps auf den Arm, woraufhin ihre kurzen kupferroten Locken wippen. »Das weiß ich doch. Ich wollte nur Fionas Talent unterstreichen. Denn damit hat sie sich selbst übertroffen …« Sie macht einen Schmollmund und flüstert: »Und nenn mich nicht so. Du weißt, wie sehr ich das hasse.«
Grinsend zieht Kate sie in ihre Arme. »Das mache ich nur, um dir zu zeigen, wie viel du mir bedeutest. Und außerdem werde ich immer sentimental, wenn Alkohol im Spiel ist.«
Kopfschüttelnd beobachte ich meine beiden besten Freundinnen, wie sie sich versöhnlich ansehen. Sonnenlicht tanzt durch die Gardinen und wirft flirrende Muster auf ihre fliederfarbenen Brautjungfernkleider.
Das energische Klopfen an der Zimmertür zerstört diesen innigen Moment zwischen ihnen. Ich raffe die Röcke und mache Anstalten, um die Person hereinzulassen, aber Amy packt mich am Arm und hält mich zurück. Ohrringe in Form eines vierblättrigen Kleeblatts blitzen zwischen ihren Locken hindurch.
»Stopp, Fiona. Wenn es Brian ist? Er darf dich nicht in deinem Kleid sehen. Das bringt Unglück.«
Ich nicke ergeben und warte gespannt, versteckt neben dem massiven Kleiderschrank aus Eichenholz. Meine Zehen vergrabe ich in den flauschigen Teppich. Als Amy die Tür öffnet und Mam hereinkommt, kann ich mir ein breites Grinsen nicht verkneifen, weil sie den Mund zu einem O formt und mich anstarrt.
»Wow. Du siehst so hübsch darin aus.« Mit Tränen in den Augen kommt sie auf mich zu und legt beide Hände auf meine nackten Schultern. Durch ihre große runde Brille mit dem gemusterten Rahmen betrachtet sie mich liebevoll. »Ach, mein Engel. Heute ist dein Tag und ich wünsche dir alles Glück der Welt.«
»Aww, danke, Mam. Ich habe –«
Durch die noch geöffnete Tür stürmt Tara mit fröhlichem Gekreische herein. »Hilfe, Mammy! Grandpa will mich auffressen! Rette mich!«
Ich gehe in die Hocke und fange Tara mit beiden Armen auf. Durch ihre Wucht falle ich beinahe nach hinten, doch ich finde rechtzeitig das Gleichgewicht. Zum Glück trage ich die Pumps noch nicht, sonst wäre ich auf dem Po gelandet und das Kleid zerknittert.
Mit gespieltem Entsetzen sehe ich meine Tochter an. Ihre Wangen sind vor Aufregung gerötet und einzelne hellblonde Strähnen, die sich aus ihrem geflochtenen Haar gelöst haben, kleben an ihrer feuchten Stirn. Zum Glück sitzt der Kranz mit den Gänseblümchen an seinem Platz. Sie trägt das rosafarbene Kleid, das sie sich für die Trauung ausgesucht hat, und sieht darin wie eine Prinzessin aus.
»Wollte Grandpa dich anknabbern, weil du zuckersüß bist?«, frage ich und gebe mir größte Mühe, nicht zu lachen.
Sie nickt energisch. »Er soll die Torte essen, nicht mich.«
»Finde ich auch. Deswegen bekommt er nachher zwei Stücke.«
Tara gibt einen empörten Laut von sich. »Nur wenn ich drei essen darf.«
Ich zwinkere ihr zu. »So viel schaffst du niemals.«
Sie stemmt ihre Hände in die Hüften und kneift ihre schokoladenbraunen Augen zusammen, die meinen zum Verwechseln ähnlich sind. »Doch.«
Mam streicht ihr über den Rücken. »Liebes, wir wollen nicht, dass du Bauchweh bekommst.«
Tara stampft mit dem Fuß auf. »Können wir anfangen? Ich will Kuchen. Drei Stück.«
Amy und Kate kichern.
»Genau. Wir sollten die Gäste nicht länger auf das Essen warten lassen«, sagt Mam und bemüht sich offensichtlich, nicht belustigt zu klingen. Dann sieht sie mich an. »Bereit für deine Trauung?«
»Klar. Bringen wir es hinter uns. Ich habe Hunger«, scherze ich.
»Ich hole meinen Blumenkorb«, flötet Tara und verlässt so schnell das Zimmer, wie sie gekommen ist. Die Tür fliegt hinter ihr ins Schloss.
»O Mann.« Amy lacht lautstark und hält sich den Bauch. »Da wünsche ich mir glatt auch eine Tochter, dabei habe ich schon eine ganze Kindergartengruppe«, bringt sie nach Luft schnappend hervor.
Ich straffe die Schultern und schlüpfe in meine perlmuttfarbenen Pumps. »Auf geht’s. Wenn sie Hunger hat, wird sie unleidlich.«
»Von wem sie das wohl hat«, murmelt Mam amüsiert und kassiert für den Spruch von mir einen Seitenblick, den sie gekonnt ignoriert. »Ich hole deinen Dad.« Sie verlässt summend das Zimmer.
Amy hat sich beruhigt, nun aber Schluckauf, daher reicht Kate ihr ein Glas Wasser – zum Glück keinen Prosecco. »Brauchst du … hicks … noch was?«
»Nein. Ich komme klar. Sorgt einfach dafür, dass nichts schiefgeht. Bis gleich«, erwidere ich und umarme meine Freundinnen, um Kraft für die kommenden Stunden zu tanken. Die beiden sind seit der Schule mein Fels in der Brandung und wir schaukeln einen Moment wie auf einem Schiff bei Wellengang.
Die beiden schenken mir ein warmes Lächeln, bevor sie mich allein lassen. Und zum ersten Mal seit Tagen lässt mein Herz die Aufregung zu. Die gute Sorte. Die mit Schmetterlingen. Heute ist mein Tag. Ein Blick auf meine linke Hand schickt eine warme Welle durch meinen Körper. Der Claddagh-Ring sitzt fest auf meinem Ringfinger. Die Herzspitze zeigt nach außen. Verlobt. Versprochen. Geliebt. Ich habe Brian das Gegenstück gegeben, weil ich an alles glaube, was er mir versprochen hat. Und in der nächsten Stunde löse ich dieses Versprechen ein.
Das Gästezimmer im Untergeschoss von Brians Elternhaus wurde für diesen Anlass zurechtgemacht. Auf der Kommode neben dem Fenster stehen Vasen mit Glockenblumen, Maiglöckchen und Schleierkraut. Auf dem Nachttisch liegt der aufgeschlagene Ordner mit der Planung für die Hochzeitsfeier.
Ich stelle mich vor den Standspiegel mit dem kunstvollen Holzrahmen neben dem Kleiderschrank und prüfe ein letztes Mal mein Aussehen. Kate hat mich dezent geschminkt und meine Haare frisiert. Ich muss zugeben, dass sie wirklich Talent hat.
Der zarte weiße Stoff des Brautkleids fühlt sich kühl und leicht auf meiner Haut an und schmiegt sich an meine Hüften, während die Spitzenapplikationen auf dem Oberteil meine Figur umschmeicheln. Der dünne Taillengürtel aus Perlen und Strasssteinen sitzt korrekt und drückt nicht.
Mit dem herzförmigen Ausschnitt strahle ich genau das richtige Maß an Eleganz und Romantik aus. Wenn ich mich bewege, raschelt der Tüllrock, der in sanften Wellen bis zum Boden reicht. Kleine funkelnde Perlen sind darin eingearbeitet und glitzern dezent im Licht.
Ich wende mich ein Stück zur Seite. Der Rock fällt in einer perfekten A-Linie hinab, genauso wie ich es mir immer erträumt habe. Ich hebe meine Arme und drehe mich einmal im Kreis. Das Kleid bewegt sich anmutig mit mir.
Über meinen Rücken fallen meine gelockten Haare. Zarte Knöpfe verlaufen in der Mitte meiner Wirbelsäule. Auf eine Schleppe habe ich verzichtet. Ich habe es entworfen, jeden Stich selbst gesetzt, jedes Detail mit Liebe und Hingabe eingearbeitet. Es ist, als würde ich ein Stück meiner Selbst tragen, ein Symbol für all die Träume und Hoffnungen, die ich habe.
Geräuschvoll einatmend lege ich den Kopf in den Nacken, weil mein Herz so schnell schlägt, dass es in meinen Ohren rauscht. Mir steigt der Geruch nach blumigem Parfüm, Haarspray und Prosecco in die Nase. In Gedanken gehe ich die Planung der Trauung durch und hoffe, dass ich an alles gedacht und nichts vergessen habe. Ohne Amys und Kates Hilfe wäre ich völlig aufgeschmissen.
Das erneute Klopfen an der Zimmertür holt mich zurück ins Hier und Jetzt.
»Ja?«
Dad erscheint im Türrahmen. Seit vielen Jahren sehe ich ihn ohne seine Weste mit den kleinen Stickereien, die Mam für ihn genäht hat. Stattdessen trägt er einen dunkelblauen Anzug mit einer schwarzen Fliege. »Deine Mam hat nicht übertrieben. Du siehst bezaubernd aus, mein Engelchen.«
Ich verdrehe die Augen, weil ich es nicht mag, wenn er mich so nennt, und nehme den bereitgestellten Brautstrauß vom Frisiertisch. »Hast du mit Tara zu viele Disney-Filme angesehen?«, ziehe ich ihn auf.
Er schnaubt und reicht mir den Arm, damit ich mich einhaken kann. »Ich kann das Lied von der Eiskönigin mitsingen.«
»Let It Go? Vielleicht gibst du es nachher mit Tara zum Besten?« Ich lasse mich von ihm durch den Flur geleiten.
»Du möchtest wohl deine Hochzeitsgäste vergraulen?«
»Woher willst du das wissen? Es könnte ihnen gefallen. Daher kannst du …« Als die ersten Klänge von A Thousand Years von Christina Perri im Garten einsetzen, verstumme ich und bleibe abrupt stehen. Mein ganzer Körper kribbelt vor Nervosität und ich umschließe den Brautstrauß fester.
»Bereit für deinen großen Auftritt?«, flüstert Dad mir verschwörerisch zu und drückt meine Hand.
Ich nicke lediglich, weil sich mein Hals wie zugeschnürt anfühlt. Mir ist bewusst gewesen, dass ich aufgeregt sein würde, aber es ist schlimmer als erwartet.
Dad führt mich durch die Doppelflügeltür in den Garten, der definitiv als Fotomotiv für einen Hochzeitskatalog dienen könnte. Der Duft von Pfingstrosen, Hortensien und Rosen umgibt mich. Alle Blicke richten sich auf mich, während Dad mich zwischen den beiden Stuhlreihen zum Altar geleitet. »Ohs« und »Ahs« der Gäste dringen an meine Ohren, aber das bekomme ich nur am Rande mit, weil ich Tara beobachte, die mit möglichst viel Eleganz die roten Blütenblätter aus ihrem Flechtkorb verstreut.
Freudentränen steigen mir in die Augen. Ich blinzle sie weg, damit sie mein Make-up nicht versauen. Mein Herz schlägt immer schneller. Je weniger Schritte mich von Brian trennen, desto mehr wächst das nervöse Kribbeln in meinem Bauch an.
Als wir uns vor fast sieben Jahren auf einer Hochzeit kennengelernt haben, hätte ich niemals geglaubt, dass ich ihn heiraten würde. Aber nun steht er dort unter dem weißen Blumenbogen zwischen den Trauzeugen und dem Priester und sieht … total blass aus? Dad gibt mich frei und nimmt neben Mam Platz, die bei Brians Eltern sitzt.
Ich schlucke gegen den Kloß in meinem Hals an und stelle mich Brian gegenüber. Obwohl ich ihn häufig im Anzug gesehen habe, sieht er darin umwerfend aus. Die dunkelbraunen Haare hat er nach hinten gegelt. Nur eine widerspenstige Strähne hat sich daraus gelöst. Das tut sie immer, und ich weiß, wie sehr es Brian nervt. Wie sonst auch ist er glatt rasiert.
Sein rechter Mundwinkel zuckt, als würde er lächeln wollen, es aber nicht schaffen. Er wischt sich den Schweiß von der Stirn und knetet seine Hände. Seine schmalen Augenbrauen wandern aufeinander zu, sodass eine tiefe Furche zwischen ihnen entsteht.
Was ist mit ihm los? Ist das die Nervosität oder etwas anderes?
So habe ich ihn jedenfalls noch nie erlebt. Auch wenn ich versuche, Blickkontakt aufzunehmen, weicht er mir aus. Das Lied endet, und der Priester beginnt mit seiner Rede, die ich aber kaum wahrnehme. Brian sieht zu Tara, die neben mir steht, und presst die Lippen aufeinander. Plötzlich schüttelt er energisch den Kopf und unterbricht damit den Priester.
»Was ist los?«, flüstert jemand hinter mir. Ich glaube, es ist Amy.
»Brian?«, frage ich und bin erstaunt, wie zittrig ich klinge.
Er senkt den Blick auf seine schwarzen Lederschuhe. »Ich kann das nicht, Fiona«, murmelt er kaum hörbar, dennoch fühlt es sich an, als würde er die Worte weit in die Welt hinausschreien.
»Was meinst du?« Vorsichtig mache ich einen Schritt auf ihn zu, doch er weicht zurück.
»Es … es tut … mir leid.«
»Daddy?« Tara lässt den Korb fallen und schlingt die Arme um sein Bein. »Was ist los? Du musst Ja sagen und Mammy küssen, damit wir Kuchen essen können. Ich schaffe heute drei Stück.«
Brian streicht ihr sanft über den Kopf. »Ich habe dich über alles lieb, meine Kleine.« Er holt tief Luft, als müsste er sich erst sammeln, bevor er weiterreden kann. »Aber ich werde deine Mam nicht heiraten.«
Entsetzte Laute dringen aus allen Richtungen zu uns. Und ich glaube, ich bin die Einzige, die keinen Ton von sich gegeben hat. Da war schon immer dieses Gefühl in mir, diese leise Stimme, die mich ermahnt hat, dass alles zu perfekt ist. Ich habe sie stets ignoriert, weil ich gedacht habe, dass ich mich irre.
Tara schluchzt herzzerreißend und rennt durch den Garten. Mam folgt ihr. Fassungslos sehe ich ihnen hinterher. Eine warme Hand legt sich von hinten auf meine Schulter. Ich fühle mich wie betäubt und blinzle mehrmals, in der Hoffnung, es wäre nur ein Traum und ich würde dadurch aufwachen.
Es funktioniert nicht. Ich stehe weiterhin vor dem Altar, die Vögel zwitschern, eine sanfte Brise weht durch mein offenes Haar und das Getuschel der Gäste schwillt von Sekunde zu Sekunde an.
»Wie kannst du ihr das antun?«, faucht Kate und tritt neben mich. Die Tätowierung mit dem Kräuterzweig an ihrem Handgelenk gerät in mein Sichtfeld, als sie wild mit den Armen herumfuchtelt.
Nun sieht Brian das erste Mal auf. Nur ganz kurz, aber lange genug, dass ich erkenne, was in ihm vorgeht: In seinem Gesichtsausdruck sind Reue und Hilflosigkeit unverkennbar. Er fährt sich durch das Haar und verlässt mit energischen Schritten den Altar. Mit gesenktem Kopf läuft er in sein Elternhaus und lässt alle ratlos zurück.
Amy nimmt mir den Brautstrauß aus den Händen. Erst jetzt, nachdem meine Finger ihn nicht mehr umschließen, merke ich, wie verkrampft ich ihn gehalten habe. »Lass uns reingehen«, flüstert sie mir zu und schiebt mich an den Schultern ebenfalls ins Haus.
Die mitleidigen Blicke um mich herum blende ich so gut es geht aus. Eine eigenartige Resignation breitet sich in mir aus. Müsste ich nicht traurig sein? In Tränen ausbrechen? Wütend sein? Aber da ist nichts. Nur Leere.
Gemeinsam mit Kate und Amy steuere ich das Gästezimmer an, in dem ich mich zuvor angezogen habe. Ich setze mich auf die Bettkante und starre auf den Claddagh-Ring an meinem Finger. Das war’s. Wir werden nicht heiraten. Entschlossen ziehe ich den Ring ab und reiche ihn Amy. Meine Hände zittern.
»Können wir etwas für dich tun?«, fragt Kate vorsichtig und streicht mir zärtlich über den Arm.
»Ich … Könnt ihr Brian suchen? Wir müssen reden.«
»Meinst du, er überlegt es sich noch einmal?«, hakt Amy nach und setzt sich neben mich. Verlegen zupft sie an dem Kleeblatt-Ohrring, den sie extra für diesen Anlass gemacht hat.
Kate stößt laut die Luft aus und löst ihren Zopf. Ihre langen, honigblonden Haare schwingen über ihren Rücken, während sie im Zimmer auf und ab läuft. Sie wirkt nun nüchtern. »Er hat sie vor dem Altar stehen gelassen. Denkst du etwa, Fiona gibt ihm noch eine Chance?«
»Vielleicht hat er nur kalte Füße bekommen? Kommt doch vor«, schlägt Amy vor, dennoch höre ich die eigenen Zweifel aus ihren Worten klar heraus.
Ich schüttle leicht den Kopf. »Dann hätte er etwas anderes zu Tara gesagt.«
Schweigen senkt sich über uns, sodass ich das Aufbrechen der Hochzeitsgäste mitbekomme. Erst nachdem es ruhiger geworden ist, wiederhole ich meinen Wunsch: »Sucht bitte Brian.«
»Okay«, sagen Amy und Kate beinahe gleichzeitig und lassen mich nach einem mitfühlenden Blick allein.
Während ich warte, sehe ich aus dem Fenster in den Garten. Es hätte eine schöne Hochzeit werden können, aber jetzt räumen Brians Eltern die Stühle mit den weißen Hussen weg. Dunkle Wolken sind aufgezogen, wahrscheinlich wird es bald in Strömen regnen.
Nach einiger Zeit klopft es an der Zimmertür. Zweimal. Allein am Rhythmus erkenne ich, dass es Brian ist.
»Herein.«
Es dauert einige Sekunden, bis er eintritt. Sein Haar steht ihm zu Berge, und seine Krawatte hängt schief und halb gelöst um seinen Nacken. Das Jackett hat er ausgezogen.
Einen Moment sehen wir uns schweigend an. Da ist so viel Ungesagtes zwischen uns. Ich spüre es ganz deutlich. Dabei habe ich immer gedacht, dass wir ehrlich zueinander sind.
Brian räuspert sich und durchbricht die Stille. »Es tut mir wirklich leid, Fiona.«
Ich versuche mich an einem Lächeln, doch ich glaube, es gelingt mir nicht. »Hast du mich je geliebt?«
Brian nickt kaum merklich. »Schon. Nur nicht auf diese Weise, wie es sein müsste … Du bist so eine tolle Frau, und jeder Mann, der dich an seiner Seite hat, kann sich glücklich schätzen. Aber ich bin nicht der Richtige für dich. Bin es nie gewesen.« Er fährt sich mit beiden Händen über das Gesicht. Der Ring an seinem Finger fehlt. Nur eine schmale Delle in seiner Haut ist zurückgeblieben. »Ich meine, wenn es diese eine Nacht nie gegeben hätte, hätten wir uns wahrscheinlich niemals wiedergesehen. Und Tara … Ich liebe unsere Tochter über alles und habe wirklich versucht, ihr die Familie zu geben, die sie verdient. Ich wollte für dich der Ehemann sein, der dich über alles liebt und dich auf Händen trägt. Aber … aber es ist nicht richtig.«
Ich blinzle die Tränen weg, die unbemerkt einen Weg an die Oberfläche gefunden haben. »Ich verstehe«, sage ich tonlos und kralle die Finger in die Tagesdecke, um nicht den Halt zu verlieren.
»Kannst du mir vergeben? Ich möchte nicht im Streit auseinandergehen.«
Unwillkürlich spanne ich all meine Muskeln an. »Also ist es … endgültig aus zwischen uns?«
Einige Atemzüge vergehen, bis er erneut nickt. »Es ist besser so. Aber das bedeutet nicht, dass ich aus eurem Leben verschwinde. Ich möchte weiterhin als Freund für dich da sein. Und natürlich für Tara als Dad.«
Ich kicke die Pumps von meinen Füßen, erhebe mich vom Bett und laufe im Zimmer herum. In meinem Kopf überschlagen sich die Gedanken. »Tara und ich müssen ausziehen. Ich werde nach einem Haus für uns suchen.« Meine Stimme klingt gefasster, als ich mich fühle, dennoch schluchze ich, während nach und nach die Erkenntnisse seiner Entscheidung in meinen Verstand sickern.
Brian lehnt sich mit dem Rücken gegen die Wand und beobachtet mich aufmerksam. »Du kannst immer auf meine Hilfe zählen. Ich möchte unsere Trennung so angenehm wie möglich für Tara gestalten.«
Gestalten? Er sagt das so, als würden wir über einen Vertragsabschluss reden und nicht über das Leben seiner Tochter!
Ich gehe auf Brian zu und bleibe eine Armlänge von ihm entfernt stehen. Sein herbes Aftershave steigt mir in die Nase, aber auch ein dezenter Whiskeygeruch. »Wie lange wusstest du es schon? Dass du mich nicht heiratest?«
Er weicht meinem Blick aus. »Erst gestern Abend beim Junggesellenabschied ist es mir richtig bewusst geworden. Ich meine, sonst hätte ich deinen Antrag niemals angenommen, wenn ich es nicht vorgehabt hätte.«
»Was ist da passiert?« Ich wische mir die Tränen von den Wangen. Einerseits fürchte ich mich vor seiner Antwort, andererseits brauche ich sie unbedingt. »Irgendetwas muss vorgefallen sein«, beharre ich.
Brian sieht auf. Es ist deutlich, wie sehr er mit sich ringt, und es vergehen ein, zwei Sekunden, bis er mir antwortet. »Valentina. Sie war im Pub. Wir haben die halbe Nacht geredet. Sie gibt mir eine zweite Chance.«
Ein Name. Mehr braucht es für mich nicht, um alles zu verstehen und um mein Herz zu brechen. Ich kann förmlich hören, wie es in tausend Teile zerspringt, und presse die Hand auf meine Brust, weil der Schmerz darin unerträglich ist.
Brian streckt den Arm nach mir aus, doch ich fege ihn mit einer schnellen Bewegung beiseite. Das Letzte, was ich möchte, ist, von ihm berührt zu werden.
Stattdessen halte ich meine offene Hand hin und sehe ihm fest in die Augen. Er soll ruhig meine Wut spüren! »Gib mir den Ring zurück. Du hast alle drei Versprechen gebrochen und gegen seine Werte verstoßen. Du verdienst ihn nicht.«
Mit einem tiefen Seufzer greift Brian in die Hosentasche und legt den Claddagh-Ring in meine Handfläche.
»Und jetzt geh«, sage ich mit bebender Stimme und wende mich ab.
Es dauert einige Herzschläge, bis er mich allein lässt. Dann falle ich wie ein Stein auf das Bett und vergrabe mein Gesicht im Kopfkissen, damit mich niemand weinen hört. Dabei umschließe ich den Ring so fest, dass meine Haut schmerzt.
»Niemals wieder werde ich jemandem einen Promise Ring geben, der sich nicht an die damit verbundenen Versprechen hält«, murmle ich zwischen mehreren Schluchzern.

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